Lagerhaltung, Buchhaltung und die Weitergabe von Informationen sind keine Erfindungen der Neuzeit. Bereits in der Altsteinzeit wurden Informationen gesammelt und meist in Knochen, Bäume oder Kerbhölzer geritzt oder in Naturfarben auf Felswände gemalt. Die Zyklen von Tag und Nacht, der Mondphasen oder der Jahreszeiten waren immer wichtig für Jagd und gesellschaftliche Ereignisse. Wie pünktlich zur Sommersonnenwende in Stonehenge auftauchen ohne Notierung im steinzeitlichen Kalender? Wann endet der Winter und wann kehrt die ersehnte Jagdbeute von ihren Wanderungen zurück? Wir wissen, dass gezählt wurde, aber wir können nur vermuten, was.
Die frühesten erhaltenen eindeutigen Aufzeichnungen zur Datenspeicherung- und Verarbeitung stammen aus Mesopotamien und dem indischen Subkontinent. In Kombination mit den ersten Schriftzeichen ermöglichen sie einen guten Einblick in den altertümlichen Alltag, womit gehandelt und was bevorratet wurde. Astronomie war sicher eine weitere Triebfeder zur Entwicklung der Informationsspeicherung. Bemerkenswert war das Zahlen- und Zählsystem der alten Griechen: sie verwendeten ein und die selben Zeichen zum schreiben, rechnen und die Notation von Musik. Heute nennen wir so ein System Unicode. Die Inkas verwendeten ab dem frühen Mittelalter eine Knotentechnik zum Speichern von Mengen, ähnlich den vorchristlichen Techniken in Indien. Und auf keinen Fall darf man die seit je her verwendeten Rauch- und Feuerzeichen vergessen, die zwar flüchtig, aber trotzdem enorm wichtig für die Informationsübertragung über kurze bis mittlere Distanzen waren.
Aber springen wir zum Nachfolger ins 19. Jahrhundert, ins Zeitalter des Telegrafen. Die Übertragung erfolgte im eigens dafür entwickelten Morsecode, benannt nach Samuel Morse (1791 -1872), der 1837 nicht nur einen elektromagnetischen Schreibtelegrafen entwickelte, sondern auch gleich den Code dafür. Codiert wurden anfangs nur 10 Ziffern, die anschließend mithilfe einer Tabelle in Buchstaben und Wörter übersetzt wurden. Jeder kennt so eine Tabelle, bestehend aus einer Reihe kurzer und langer Signale. SOS - für den Notfall bitte merken - wird mit der Folge kurz-kurz-kurz-lang-lang-lang-kurz-kurz-kurz gesendet. Ob mit Klopfzeichen oder Taschenlampe, es gilt: keine Pausen zwischen den Zeichen und immer dreimal hintereinander. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Notsignal auch als solches erkannt wird. Im 20. Jahrhundert wurde der Telegraf dann durch Telefon, Funk und digitale Technik abgelöst.
Der Strichcode
Der Maschinenbauer Joseph Woodland (1921 - 2012) war Dozent an der Drexel University (USA) und kannte den Morsecode noch aus seiner Pfadfinderzeit. 1948 hörte sein Kollege Bernard Silver (1924 - 1963) einen Supermarktleiter den Dekan fragen, wie man an der Kassa automatisch Produktinformationen abfragen könnte. Woodland und Silver begannen sich mit dieser Frage zu beschäftigen und kurz darauf kam Woodland am Strand beim Zeichnen von Linien im Sand die entscheidende Idee: dünne und dicke Linien statt kurzer und langer Signale wie beim Morsen. Die Idee zum Strichcode war geboren. Zahlen konnten so mit einer Tabelle zum kodieren und auslesen als Text übersetzt werden. Die beiden entwickelten daraus das Konzept des Strichcodes und ließen es 1952 patentieren. Nach verschiedenen Testläufen (u.a. bei Migros in der Schweiz, 1968) kam der Code aber erst in den Siebzigern: die US-amerikanische Supermarktkette Marsh verpasste der Zehnerpackung Juicy Fruit-Kaugummis der Firma Wrigley am 26. Juni 1974 den ersten Barcode zur Erfassung an der Kasse. Hersteller der Scannerkasse war Datalogic. Der Schweizer Heinrich Weiss (1920 - 2020) entwickelte die Erfindung übrigens zum heute bekannten EAN-Code (European Article Number) weiter, dessen Einführung in Europa 1976 erfolgte. Dieser ist mit dem in den USA verwendeten UPC-Code (Universal Product Code) kompatibel. Alle weltweit verwendeten Strich-, Bar-, Streifen- oder Balkencodes, wie sie auch genannt werden, entsprechen der internationalen Norm ISO/IEC 15420.
Es gibt den EAN als EAN-8 mit 8 Stellen und als EAN-13 mit 13 Stellen (jeweils eine Prüfziffer). UPC gibt es als UPC-A (mit 12 Stellen) und weiters noch als UPC-B bis UPC-E. IAN (International article numbering) ist ein mit EAN identischer Barcode. In Japan ist der JAN (ebenfalls kompatibel) gebräuchlich. Zusätzlich zu diesen haben sich zwei- und fünfstellige Zusatzcodes durchgesetzt, die neben die genormten gedruckt werden.
Der Zeichenvorrat umfasst immer die Ziffern 0 bis 9. Die 4 verschiedenen Balken- und Lückenbreiten definieren 32 Symbole: für die Ziffern 0 bis 9 drei Symbole (Kodierung A, B, C), zusätzlich ein Randsymbol (zwei schmale Linien, kleiner Abstand) an Beginn und Ende und ein Trennsymbol in der Mitte (die zwei schmalen in der Mitte). Gezählt wird von links nach rechts. Diese 32 möglichen Symbole werden aber nicht alle verwendet: EAN-13 nutzt 12 Symbole, wobei die Stellen 1 - 6 im Satz von Kodierung A verwendet werden, die Ziffern/Stellen 7 - 12 entsprechen dem Code A und B und zwar in eindeutiger Reihenfolge aus der sich die 13. Ziffer (EAN-13) ergibt.
Es gibt unzählige Unterarten wie ITF (Interleaved Two of Five), ISBN (Internationale Standardbuchnummer), ISSN (International Standard Serial Number) und diverse Zusatzcodes. Diese Unterarten sind oft untereinander kompatibel (ISBN entspricht EAN-13), müssen es aber nicht sein. Grundsätzlich kann jedes Unternehmen seine eigenen verwenden, die dann allerdings auf die betriebsinterne Verwendung beschränkt bleiben, weil nicht genormt. Die Auslesegeräte wie Barcode-Handscanner, Lesestift oder in die Kasse integrierte sind optoelektronisch (Kombination aus Optik- und Halbleiterelementen) und arbeiten im Bereich von Rot- und Infrarotlicht. Sie bestehen aus einem Modul fürs Auslesen und einem fürs Dekodieren.
Der QR-Code
Jetzt sind 32 möglich Symbole zum Kodieren schon mal nicht schlecht, aber mehr wäre besser. Das dachten sich auch Masahiro Hara und sein Entwicklungsteam, allesamt Mitarbeiter des Toyota-Konzerns und dessen Forschungsabteilung bzw. dessen ausgegliedertem Tochterunternehmen Denso Wave. Hara (geboren 1957) ist passionierter Go-Spieler (Go, von Fuseki zu Atari und Kō), dem bei einer Partie beim Betrachten des Spielbretts eine großartige Idee kam: warum nicht statt schmaler und breiter Linien schwarze und weiße Punkte oder Quadrate zur Speicherung von Information verwenden? Inspiriert von den Mustern, die sich während einer Go-Partie auf dem Brett ergeben, begann er 1992 mit der Umsetzung seiner Vision. 1994 war der heute omnipräsente QR-Code (Quick Response) fertig und wurde 1995 als EP0672994 beim Europäischen Patentamt eingetragen. In Japan, China, Südkorea, Vietnam und Singapur ist er nationaler Standard. Den inoffiziellen Standard für die Kodierung von URLs verdanken wir der Firma NTT Docomo Inc.
QR-Code hat maximal 177x177 Elemente, woraus sich (inklusive Fehlerkorrektur-Level L) 23.648 Bit (oder 2.956 Byte) ergeben. Das reicht für 7089 Dezimalziffern oder 4296 alphanumerische Zeichen. Die Mindestanzahl an Elementen beträgt 21x21. Micro-QR-Code umfasst zwischen 11x11 und 17x17 Elementen. Die Verwendung ist lizenz- und kostenfrei. Das gilt zwar auch für den Barcode, es gibt aber auch lizenzpflichtige Versionen dafür. Der Name "QR-Code" ist hingegen in Europa, USA, Japan und Australien ein eingetragenes Warenzeichen und darf dort nur unter Hinweis darauf verwendet werden (TM). Zur Erstellung und zum Auslesen gibt es unzählige frei verfügbare und kostenpflichtige Programme, die auf Computern, Smartphones oder Digitalkameras laufen.
Der Aufbau eines solchen Codes ist recht überschaubar: um die Matrix herum befindet sich die sogenannte Ruhezone, die mindestens die Breite von 4 Elementen besitzen muss. Der Lesevorgang beginnt in der rechten unteren Ecke, dort befindet sich immer unweit der Ecke ein kleines Quadrat mit einem Punkt in der Mitte. Das wird zur Positionierung verwendet und die Maschine (oder Mensch) weiß, wo mit dem lesen begonnen wird, auch wenn der Code verkehrt herum eingelesen wird. Von dieser Ecke der Matrix aus bewegt man sich von außen in einem zwei Elemente breiten Pfad nach oben, dort angekommen findet eine Kehrtwende nach unten statt, dann wieder nach oben bis man in diesen Schlangenlinien durch die Reihen und Spalten durch ist. Tatsächlich ähnelt diese Matrix einem Go-Brett am Ende einer Partie. In den drei verbliebenen Ecken sitzen auffällig große Quadrate und ein weißer Bereich davor, der zur Justierung dient um so rasch wie möglich die Richtungsänderung vornehmen zu können. Größere Inhalte können in bis zu 16 einzelnen Codes eingefügt werden. Da gewisse immer wiederkehrende Informationen oft an der selben Position zu finden sind und immer gleich kodiert werden, können diese von echten Fans auch erkannt und ohne technische Hilfsmittel gelesen werden, aber das ist was für echte Spezialisten... Damit auch ein schlecht leserlicher oder beschädigter Code noch funktioniert, ist eine Fehlerkorrektur integriert. Diese reicht von Fehlerkorrektur-Level L (Low, 7%) bis Level H (High, 30%) und verwendet die Reed-Solomon-Codierung. Diese stammt aus den 60ern des letzten Jahrhunderts und wurde erstmals zur Fehlerbereinigung in der Kommunikation mit den Voyager-Sonden der NASA eingesetzt und später in Compact Disks (CD). Die Fehlertoleranz ermöglicht auch kunstvolle, leicht modifizierte Codes mit Logos oder Symbolen.
Wo QR-Codes heutzutage verwendet werden, muss man niemandem mehr erklären. Es gibt kaum einen Bereich in der Öffentlichkeit, wo der QR-Code nicht zum Einsatz kommt. Erwähnenswert sind aber die Möglichkeiten der Manipulation, die einfach durch Überkleben stattfinden kann, das sogenannte "Atagging". Wenn es sich um URLs handelt, wird man dann unter Umständen an ganz andere Adressen geschickt, als man eigentlich vorhatte. Auch Schadcode kann damit in die lesenden und verarbeitenden Geräte geschleust werden, was im schlimmsten Fall die Zerstörung des Geräts bedeutet. Um den in der Frühzeit des Codes tatsächlich vereinzelt aufgetretenen Problemen entgegen zu wirken, wurden Schutzmechanismen entwickelt, die zb. in Smartphones erst nur eine Vorschau durch Zusatzinformationen anzeigen, bevor man weitergeleitet wird. Manche QR-Code-Scanner besitzen aber nach wie vor nur mangelhafte oder gar keine Schutzvorrichtungen, was als Einfallstor für Schädlinge missbraucht werden kann und wird. Alles in allem aber - wie der Barcode - eine durchaus nützliche Erfindung, die das Leben erleichtert und bequemer macht und Raum für Spielereien bietet. TechnoSoph mag das.